Der Wind fegt genau in dem Moment über den Domplatz, als wir unsere Doktorhüte in den Himmel werfen. Wir haben dreieinhalb Jahre zusammen studiert, gelacht, gelitten, gelernt und gefeiert. Jetzt stehen wir hier gemeinsam, hinter uns der Dom, ein Monument 700 Jahre alter Baukunst. Was sind dagegen dreieinhalb Jahre, drängt sich die Frage auf. Aber auch: Ist es nicht großartig, was viele Hände für die Ewigkeit erschaffen können?
Die historische Kulisse, dazu das US-amerikanische College-Ritual der Mortarboards (so heißen die schwarzen Hüte) – es ist fast so, als würde das Traditionelle einen Anker bieten in Zeiten, in denen niemand weiß, welche Prinzipien noch gelten, was die Zukunft bringt, uns sei es nur die nahe. In dem Moment, als die Hüte wie ein Schwarm Vögel über uns abdrehen, wissen wir noch nicht, dass in London wieder Menschen bei einem Anschlag gestorben sind. Diese Welt, in die wir entlassen werden, ist eine unübersichtliche. Sie ist, so scheint es, voller Gefahren für viele und Chancen für wenige. Es ist eine Welt, in der wir uns kaum auf den Rat unserer Eltern verlassen können, weil sie die Herausforderungen, vor denen wir stehen, aus ihrer Jugend nicht kennen.
Und das ist großartig. Denn wir sind es, die morgen und übermorgen gestalten. Wir sind es, die mit jungen Ideen alte Strukturen überdenken und erneuern werden. Der Consultant, die Bürgermeisterin, die Marketing-Managerin, die Gründerin und der Journalist von morgen – das sind wir.
Wir haben jetzt ein Bachelorzeugnis in der Hand, und darauf steht, zwischen den Zeilen, eine Botschaft: Wir haben dir, der/die du International Relations and Management studiert hast, Werkzeuge mitgegeben, die du nun nutzen kannst. Es liegt an dir, die Veränderung zu sein, die es braucht in dieser Welt. Das ist eine Chance, einerseits. Es ist aber auch eine Verantwortung, die Engagement genauso fordert wie einen kritischen Blick auf das, was vorgegeben scheint.
Wir können das.
Autorin: Anne-Kirstin Berger, zur Abschlussfeier der IRM 8er