Auslandsgruß aus Brüssel

Hallo liebe IRMis,

Nach einigen Wochen Auszeit in Deutschland konnte ich glücklicherweise Ende Mai wieder zurück in die Europahauptstadt Brüssel kehren. Von Anfang Februar bis Anfang Juli habe ich hier mein Praktikum bei der Bayerischen Vertretung bei der Europäischen Union absolviert.

Im Februar begeisterte mich die Lebendigkeit, Kommunikation und Vielseitigkeit der Stadt. Die Plätze waren trotz Regen voller Menschen, überall gab es etwas zu sehen und zu erleben.
In der Innenstadt sah man wunderschöne alte, imposante Gebäude, kleine Gassen und liebliche Geschäfte, im Viertel Ixelles standen hohe Jugendstilhäuser. In einer Richtung reden plötzlich alle Menschen arabisch und in einer anderen waren die Läden voller afrikanischer Produkte. Im Europaviertel standen moderne Hochhäuser nebeneinander und es wimmelte von wichtigen politischen Akteuren aus verschiedensten Ländern des Kontinents. Jeden Abend gab es diverse Veranstaltungen in den unterschiedlichsten Vertretungen und Institutionen, auf denen meist Experten zu einem Thema auf dem Podium diskutieren und die Gäste anschließend bei einem großen Flying Buffet Lobbyismus betreiben. Donnerstags nach der Arbeit trafen sich Praktikanten, CEOs, Parlamentarier, Sekretäre und Kommissare gemeinsam am „Plux“ (Place de Luxembourg), um gemeinsam ein Feierabendbier zu trinken.

Davon war im Mai zunächst nicht mehr viel übrig. Die Häuser standen alle noch, doch die Straßen waren leer und die Menschen gingen sich aus dem Weg, so wie wahrscheinlich in ganz Europa. Nach und nach konnte ich jedoch erleben, wie das Leben in die Stadt zurückkehrte und sie nun wieder aufblüht.

Zunächst nur die Straßen, dann die Parks, die Museen und schließlich auch die Restaurants, Bars und Cafés öffneten wieder ihre Türen.

Bei den europäischen Institutionen geht das jedoch leider noch nicht so schnell.

Eigentlich arbeite ich selbst im Bereich Veranstaltungen und habe so einige der Podium Events selbst mitorganisiert. Ab Mitte März fiel diese Arbeit jedoch aus und kam auch bis zum Ende meines Praktikums so nicht wieder. Während wir in den Frühlingstagen nichts mehr zu tun hatten, tummelte es im Bayerischen Staatsministerium in München zu der Corona-Hochzeit nur so an Arbeit. Die Bayerische Vertretung ist eine Abteilung des Staatsministeriums und so kam es, dass das Brüsseler Veranstaltungsteam über zwei Monate (April und Mai) in München mithalf. Zufälligerweise saß ich selbst in dieser Zeit in München, die Arbeit fand jedoch natürlich im Homeoffice statt. Eingeteilt wurde ich für die Corona-Hotline der Bayerischen Staatsregierung. Durchwahl Nummer 4 im Wirtschaftskompetenzteam bei Fragen von Kleinunternehmern und Soloselbstständigen. Eine Aufgabe, die, wie ich nach einiger Zeit merkte, besonders psychologisches Feingefühl benötigte. Viele Bürger führte das Arbeitsverbot und die daraus folgenden fehlenden Einnahmen ihrer Tätigkeiten in große Existenznot.

Für mich war es besonders interessant auf der einen Seite von erster Hand mitzuerleben, wie die Regierung mit der völlig ungeplanten Situation umging und auf der anderen Seite auch direkten Kontakt mit Bürgern zu haben. Die Geschichten all der Friseure, Restaurantbetreiber, Reiseführer, Fotografen und Fitnesstrainer haben mir die Situation so real gemacht wie anders kaum möglich.

Ab Juni hat die Bayerische Vertretung ihre Veranstaltungsarbeit wieder aufgenommen. In meinen letzten Wochen organisierten wir nun Onlineevents. Bis das Parlament wieder richtig tagt und Veranstaltungen mit Buffet stattfinden können, wird es wohl noch einige Zeit dauern. Wie stark Covid-19 die Kommunikationsstrukturen in der EU auch langfristig verändert ist, denke ich, noch nicht abzusehen. Ich hoffe jedoch Europa kann positives mitnehmen und vielleicht lernen, Prozesse zu vereinfachen.

Ich selbst bin trotz vieler schwieriger Momente im letzten halben Jahrletzten Endes sehr froh und dankbar über die Erfahrung in Brüssel mitsamt Corona. Es war eine große Bereicherung in dieser Zeit so viel mitzuerleben und auch so viel Zeit in Brüssel verbringen zu können. Nun steht mein Abschied an, aber ich komme bestimmt bald wieder.


verfasst von Lina Jung (IRM4), August 2020

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