Eine stark befahrene Hauptstraße, ein kleiner Park am Straßenrand, grüne Bäume, ein verwittertes Stück Metall, zwei schlanke Türme. Wem das Denkmal an den 11. September 2001 in Oberviechtach kein Begriff ist, der fährt einfach vorbei und denkt sich nichts weiter – Grünflächen mit Gedenksteinen sind in bayerischen Städten nichts Außergewöhnliches.
Aber das World Trade Center? Eine Miniaturabbildung der Twin Towers? In Oberviechtach? Da kommt man doch ins Stutzen. Was hat solch ein Stück Weltgeschichte in einem verträumten Städtchen in der Oberpfalz verloren? Das dachten sich wohl auch so einige IRMler, als Professor Bresinsky, der mit den Zweitsemestlern am 26.04.2018 auf Exkursion war, den Busfahrer hier anhalten ließ und zu erzählen begann.
Als am 11. September 2001 die Flugzeuge in beide Türme des World Trade Center flogen, brachte das durch die Passagiermaschinen entfachte Feuer die Stahlträger beider Tower zum Schmelzen und riss tausende Menschen mit sich in die Tiefe. Freiwillige Helfer stürzten sich selbstlos in die brennenden Twin Towers, um zu retten was noch zu retten war. Fast 3.000 Leben wurden gewaltsam beendet. Übrig blieb nichts als ein Trümmerfeld.
Die Gedenkstätte in Bayern trägt den Namen „9-11 WTC Memorial Oberviechtach“. Ihr Ursprung liegt in einer Deutsch-Amerikanischen Freundschaft zwischen Martin Zimmermann aus Oberviechtach und Maggie Eberhart aus Long Island, deren Mann als Feuerwehrmann bei den Anschlägen von 2001 im Einsatz war, bei welchen mindestens 343 Feuerwehrmänner und Rettungskräfte bei Rettungsversuchen in den Flammen starben oder unter den Trümmern der 400 Meter hohen Türme begraben wurden. Zimmermann beschloss, ihnen ein Mahnmal in Oberviechtach zu widmen. Für Zwecke wie diese wurden weltweit Trümmer der Stahlträger der Twin Towers vergeben und eben ein solches Teil sollte in Oberviechtach an den selbstlosen Mut der Helfer erinnern.
Nach einem langwierigen Bewerbungsprozess wurde dem Projekt ein Stück der Stahlkonstruktion zugesprochen. Der Transport jedoch gestaltete sich als problematisch – denn keine Fluggesellschaft erklärte sich bereit, solch ein Artefakt des Terrors an Bord eines ihrer Flugzeuge zu befördern, sei es aus Angst, Ehrfurcht oder Aberglaube. Nach langem Suchen wurde schließlich doch noch eine Lösung gefunden und der Stahlträger nach Deutschland überführt, bedeckt mit einer Flagge die zuvor den Sarg eines in Afghanistan gefallenen amerikanischen Soldaten geschmückt hatte. In Bayern angekommen wurde das Stahlstück gesegnet an seinem neuen Standort installiert. Das Artefakt mit der Nummer H-0031a ist bis heute das einzige Relikt aus den Überresten der Twin Towers in Deutschland.
Nun befindet sich der Stahlträger in der Allee von Oberviechtach auf einem Sockel aus Oberpfälzer Granit als sichtbares Zeichen gegen jegliche Form von Terror, Gewalt und Extremismus. Der Stahl ist mittlerweile rostig und braun. Dicke, verbogene Bolzen ragen aus dem Träger heraus und verbildlichen die unglaubliche Hitze, die dieses massive Stück Eisen vor nun schon fast 17 Jahren in die Knie zwang. Die geschwätzige IRM Gruppe um Professor Bresinsky ist still geworden. Auf dem Granitsockel prangen die Worte: NEVER FORGET.
Autorin: Marie-Sophie Holzner zum Field Trip nach Oberviechtach am 26.04.2018